Studieren und Corona
Studierende trifft die Corona-Pandemie hart. Wir als AStA der Universität Hamburg wollten es genauer wissen und haben eine Umfrage erstellt und ausgewertet, an der alle Studierenden der Universität Hamburg teilnehmen konnten und insgesamt haben 5.168 Studierende teilgenommen.
Im Folgenden sind die Ergebnisse der Umfrage, sowie unsere Einschätzung der Umfrageergebnisse aufgeführt. Der Fragebogen bestand aus insgesamt drei unterschiedlichen Teilen.
Im ersten Teil wurden Fragen zur finanziellen und sozialen Lage gestellt. In Teil zwei wurden Fragen zur Online-Lehre und der eigenen psychischen, wie physischen, Verfassung gestellt. Da zu diesem Zeitpunkt noch keine Online-Klausuren geschrieben wurden, ist dieser Teil nicht in der Umfrage enthalten. Im dritten Teil hatten die Studierenden die Möglichkeit ohne Beschränkungen mitzuteilen, was ihnen auf dem Herzen liegt. Dieser Bereich wurde ausgewertet und in Kategorien eingeordnet. Wir haben die Anmerkungen der Kommiliton*innen in den inhaltlichen Teil der Auswertung einfließen lassen um das Gesamtbild anzurunden.
Hier können die vollständigen Ergebnisse der Umfrage heruntergeladen werden (PDF)
Die Umfrage wurde vom 17.12.2020-10.01.2021 durchgeführt.
Finanzielle Lage der Studierenden
Die finanzielle Lage der Studierenden in Hamburg stellt sich während der Pandemie noch schlechter da als sie schon vorher war. Typische studentische Jobs konnten nicht weiter durchgeführt werden. Gastronomie und die Eventbranche mussten immer wieder schließen. Auch in anderen beruflichen Bereichen waren und sind es die studentischen Beschäftigten, die als erstes gehen müssen und nicht in Kurzarbeit können. So gaben in unserer Umfrage 32% an ihren Job auf Grund der Pandemie verloren zu haben.
Für diese Fälle wurden dann nach zu langem Zögern Hilfsdarlehen vom Bund und wenn diese ausgesetzt waren vom Land angeboten. Diese Darlehen oder Zuschüsse waren und sind auch immer noch nicht ausreichend. Einen Lebensunterhalt in Hamburg kann niemand mit 500€ im Monat wirklich bestreiten. Alleine Die Mietzahlungen für ein WG-Zimmer in Hamburg liegen gerne auch mal bei 400€. Umso verständlicher, dass 10,24% angegeben haben bei Mietzahlungen Probleme gehabt zu haben oder immer noch zu haben
Diese schlechte finanzielle Lage wird auch noch einmal deutlich, wenn man sieht dass 27,71% der Umfrageteilnehmer*innen während Corona Schulden bei z.B. Freund*innen oder Familie aufnehmen. Im Gegensatz dazu haben nur 15,71% angegeben, dass sie die Hilfen der Stadt, bzw. des Bundes, annehmen würden, bzw. angenommen haben. Auch den Härtefallfond des Studierendenwerks, zur Finanzierung des Semestertickets bei „Härtefällen“, erreichten 2020 23% mehr Anträge (Quelle: Studierendenwerk Hamburg).
Zudem sehen wir eindeutig, dass sich viele Studierende nicht genug abgesichert fühlen und sich Sorgen um ihre finanzielle Situation machen (20,90% fühlen sich „schlecht“ oder „eher schlecht“ finanziell abgesichert und 14,51% machen sich akut Sorgen um die eigene finanzielle Absicherung). Diese ständigen Existenzsorgen wirken sich massiv auf die psychische Gesundheit in sowie so schon stressigen Zeiten aus (dazu auch noch mehr in den folgenden Punkten).
Dem AStA der Universität Hamburg und vielen weiteren studentischen Vertretungen ist bis heute nicht klar, wieso das BAföG nicht zeitweise geöffnet wurde und Studierende, die durch die Pandemie in eine finanzielle Notlage geraten sind, wirklich abgesichert wurden bzw. werden. Stattdessen gab es nur unauszureichende Hilfen, welche Teilweise noch zurückgezahlt werden müssen und so Studierende in Zeiten einer Wirtschaftskrise in die Schulden treiben.
Digitales Semester
Seit nun fast einem Jahr haben wir an der Universität Hamburg die sogenannte Online-Lehre. Lehrende, sowie Studierende, arbeiten und studieren von ihren Rechner aus zu Hause. Dass diese Form der Lehre nicht mit der Lehre in Präsenz zu vergleichen ist, ist natürlich verständlich, doch sie ist in Zeiten einer globalen Pandemie fast unausweichlich.
So gaben auch 66,80% in der Umfrage an, dass sie die Maßnahmen der Universität für richtig halten und 57,49% gaben an, dass sie sich keine Präsenzlehre in diesen Zeiten wünschen. Auf der anderen Seite wünschen sich jedoch 26,66%, dass es auch jetzt mehr Präsenzlehre geben sollte. Diese Angabe ist nicht außer Acht zu lassen. So sollte die Universität prüfen, ob in den kommenden Semestern nicht doch ein Teil der Veranstaltungen in Präsenz stattfinden kann, bzw. Hybride Formate getestet werden können. An erster Stelle muss hier jedoch der Gesundheitsschutz und vor allem der Schutz von Risikopatient*innen stehen. Allen Studierenden müssen ihr Studium während der Pandemie online absolvieren können, auch bei hybriden Veranstaltungen.
Die Online-Lehre bringt natürlich ohne Frage viele Probleme mit sich. Unter anderem fehlt es schon bereits an angemessener und ausreichender technischer Ausrüstung, sowie an einem ruhigen Arbeitsplatz. 11,20% geben an, dass sie nicht technisch ausreichend ausgerüstet sind und wie schon einmal genannt steht 25,52% kein ausreichender und ruhiger Arbeitsplatz zur Verfügung.
Allgemein kommt das Angebot bei 41,23% „gut“ oder „eher gut“ an, 29,01% kommen eher „mittel“ mit dem Angebot zurecht und 19,85% finden das Angebot „eher schlecht“ oder sogar „schlecht“.
Im Einzelnen bemängeln 40,67%, dass es keine festen Ansprechpartner*innen bei der Online-Lehre gibt. Das ist umso schlimmer für das Studium, da auch der Kontakt zu den Kommilitonen fehlt und der Austausch übers die Lehrveranstaltungen nicht mehr geführt werden. Lehrende müssen, wie auch während Präsenzzeiten ansprechbar sein und den Studierenden auch über der Inhaltsvermittlung hinaus Unterstützung gewährleisten.
40,03% geben an, dass sie von den gestellten Aufgaben überfordert sind. Wir haben von vielen Kommilitonen gehört, dass aus unserer Sich unerklärlichen Gründen, jetzt sogar das Niveau und die Anzahl an Aufgaben erhöht werden. Dieses Vorgehen einzelner Lehrender verschärft die Situationen der Studierenden nur weiter und trägt zu weiterer psychischer Belastung bei. Dazu kommt noch, dass der digitale Campus maximal unübersichtlich ist und für manche Veranstaltungen sogar mehrere Plattformen genutzt werden. Dies führt zu einer unnötigen Überforderung und ist in keiner Weise hilfreich.
Zudem würden wir gerne anmerken, dass das Bereitstellen von Literatur nicht eine Präsenzvorlesung ersetzt!
Trotz Online Lehre und nun auch Online Klausuren verwehrt sich die Universität weiterhin dagegen Freiversuche für Klausuren einzuführen, die während Corona geschrieben werden. Das ist eine Missachtung der Situation der Studierenden, die nun seit einem Jahr von massivem Stress geprägt ist.
Wir brauchen Lehre die auf demselben Niveau liegt, wie zu Präsenzzeiten (nicht höher und nicht niedriger) und verlässliche Ansprechstationen um die Anforderungen unseres Studiums auch in diesen Zeiten erfüllen zu können. Im Sommersemester 2020 fühlten sich nur 19,41% wirklich auf die Klausuren vorbereiten und 22,52% meldeten sich von mindestens einer Klausur ab. Ohne einheitliche Richtlinie für die Online-Lehre befürchten wir, dass sich dieser Trend auch fortsetzen wird.
Soziale Situation
Hier werden Ergebnisse aufgelistet, welche die soziale Situation vieler Studierender beschreibt. Natürlich ist die soziale Lage um einiges vielfältiger.
In der Umfrage haben 2,19% angegeben, dass sie seit Beginn der Corona-Pandemie häusliche Gewalt erfahren haben.
27,19% gaben an, dass sie sich vermehrt um Kinder oder Angehörige kümmern mussten seitdem die Corona-Maßnahmen eingeführt wurden. Zudem berichteten uns viele Studierende, dass sich das Kümmern um die eigenen Kinder negativ auf das Studium ihr Studium ausgewirkt hat.
43,11% fühlen sich „nicht“ oder „eher nicht“ für die Online-Semester vorbereitet; weder psychisch, noch physisch.
Für einen großen Teil der Studierenden wurden zudem auch die fehlende „Work-Life-Balance“ zu Problem um dem Studium zu folgen. Während des Online-Semesters hat man nur einen Ort für die Arbeit, das Studium und Freizeit. Zudem gaben 25,52% an, dass ihnen kein ruhiger und ausreichender Arbeitsplatz zur Verfügung steht.
Häufig wurden während des Online-Semesters sogar mehr Fristen und Aufgaben gestellt, da jetzt, laut einigen Lehrenden, die Anwesenheitspflicht ersetzt werden müsse. Dieses veraltete Denken vom Studieren hilft gerade in solch stressigen Zeiten nicht weiter.
Weiter sind Arbeitsmöglichkeiten, wie die Bibliotheken und Lernräume in der Uni, extrem wichtig um Studierenden die Möglichkeit zu geben aus den eigenen vier Wänden zu kommen. Bibliotheken und Lernräume müssen also so schnell wie möglich wieder geöffnet werden!*
*Auch damit Hausarbeiten und Abschlussarbeiten Fristgerecht und ohne Stress bearbeitet werden können. Genauso müssen praktische Lehrveranstaltungen schnellst möglich wieder aufgenommen werden, um das Studium von Abschlussstudierenden nicht weiter in die Länge zu ziehen.