Ausbildung neuer Psychotherapeuten droht an Geldmangel zu scheitern – Studierende fordern Uni und Senat zum Handeln aufDer neue Psychotherapie-Studiengang in Hamburg droht aufgrund fehlender Bundesmittel zu scheitern. Mitten in der psychisch belastenden Corona-Krise verhindert das die Ausbildung von circa 150 neuen dringend benötigten Therapeuten.
15. Juli 2020, von Inga Mannott

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Mit einer Petition fordern Psychologie-Studierende jetzt die Universität Hamburg und den Senat dazu auf, die benötigten Kosten von 1,2 Millionen Euro zu übernehmen.
Der Bedarf an Psychotherapeuten steigt – das machen Studien zu den psychischen Konsequenzen der Corona-Krise seit Monaten deutlich[1][2]. Umso wichtiger ist es, angehende Psychotherapeuten zu fördern. Genau das sollte das neue Psychotherapeutengesetz, das am 1. September 2020 in Kraft tritt, eigentlich tun[3][4]: Vorgesehen ist, dass Psychologiestudierende (wie Medizinstudierende) ihr Studium mit einer Approbation abschließen und während ihrer Weiterbildung fair bezahlt werden. Dafür haben Universitäten deutschlandweit neue Psychotherapie-Bachelor- und Masterstudiengänge entwickelt – mit neuen Regelungen, für die Studierende jahrelang gekämpft hatten. Im Herbst starten in ganz Deutschland diese neuen Studiengänge – aber wohl nicht an der Universität Hamburg.
Dass in Hamburg die neuen Psychotherapie-Studiengänge zu scheitern drohen, liegt an fehlenden Geldern: Ursprünglich sollte der Bund die Länder finanziell unterstützen, hat diese Hilfe aber zurückgezogen. Deshalb ist auch Hamburg jetzt auf sich allein gestellt. Laut Aussage der Wissenschaftsbehörde und der Universität Hamburg könnten sie die nötigen Mittel nicht bereitstellen. Das hat das Dekanat uns Studierenden nach Verhandlungen mit Universität und Behörde mitgeteilt.
Wir als Fachschaftsrat Psychologie der Universität Hamburg können das nicht hinnehmen! Deshalb haben wir eine Petition gestartet, die schon über 1.300 Mal unterzeichnet wurde.[5]
Wir fordern die Universität Hamburg und den Senat auf: Gewährleisten Sie die Finanzierung für die Einführung der Psychotherapie-Studiengänge! Hamburg verliert sonst seinen Status als norddeutscher Anlaufpunkt für Psychologie-Studierende und somit auch dringend benötigte Psychotherapeuten für die medizinische Versorgung.
Denn ohne den neuen Studiengang droht eine ganze Kohorte potenzieller Psychotherapeuten in Hamburg verloren zu gehen: Nach dem ab 1. September 2020 geltenden Gesetz können Studierende nur noch dann Psychotherapeuten werden, wenn sie nach dem neuen System studieren. Da dieses aber an der Uni Hamburg aufgrund fehlender Gelder noch nicht eingeführt wurde, können sie nur den bisherigen Psychologie-Studiengang starten, der aber gesetzlich nicht mehr die Qualifizierung zum Therapeuten ermöglicht – inwiefern eine Nachqualifizierung möglich wäre, ist unklar.
Konkret fehlen dadurch 150 potenzielle Psychotherapeuten. Ein Therapeut ist in der Bedarfsplanung für Großstädte für die Versorgung von über 2.700 Einwohnern vorgesehen[6]. Folglich wird dadurch die dringend erforderliche psychotherapeutische Abdeckung für mehr als 400.000 Menschen gefährdet. Eine alarmierende Zahl, die den dringenden Handlungsbedarf unterstreicht.
Kontakt für Rückfragen
Larissa Brockmann
Mitglied im Fachschaftsrat Psychologie der Universität Hamburg
larissa.brockmann@studium.uni-hamburg.de
Zur Pressemitteilung auf der Seite des FSR Psychologie.
Quellen
1. https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/hannover_weser-leinegebiet/Studie-Mehr-Niedersachsen-sind-depressiv,depression272.html
2. https://www.hamburg-news.hamburg/innovation-wissenschaft/corona-so-gehen-kinder-und-jugendliche-mit-den-belastungen-um
3. https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&start=//*%5B@attr_id=%27bgbl119s1604.pdf%27%5D#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl119s1604.pdf%27%5D__1594847027506
4. https://www.deutschepsychotherapeutenvereinigung.de/gesundheitspolitik/themenseiten/ausbildungsreform/
5. https://www.openpetition.de/petition/online/psychologie-approbationsstudiengaenge-an-der-uhh-drohen-an-finanzierung-zu-scheitern
6. https://www.bptk.de/wp-content/uploads/2019/01/20180411_bptk_studie_wartezeiten_2018.pdf