Stellungnahme: Zur BAföG-Reform
21 January 2019

Photo: M. Longmire on unsplash
Stellungnahme zum Entwurf eines Sechsundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (26. BAföGÄndG)
Folgend die Stellungnahme des AStA der Universität Hamburg zur Änderung des BAföG.
Als Studierendenvertretung der größten Hamburger Hochschule möchten auch wir die neusten Änderungen im BAföG nicht unkommentiert lassen, denn die Studienfinanzierung ist für alle Studierenden ein wichtiges Thema. Der freie und unbeschränkte Zugang zu Bildung sollte in Deutschland unabhängig von der sozialen Herkunft, der Nationalität oder anderen Umständen eine Selbstverständlichkeit sein und nicht durch Restriktionen seitens des Bundes verhindert werden.
Laut Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) gebe die neue BaföG-Änderung nochmal „einen guten Schluck drauf“, tatsächlich ändert die Bafög-Reform aber praktisch nichts an den prekären Umständen, unter denen viele Studierende leiden müssen.
Denn noch immer fangen nur wenige Kinder aus nicht-akademischen Haushalten ein Studium an und noch weniger bringen es zu Ende. Von einem durchlässigen Hochschulsystem kann man also nicht gerade sprechen. Studieren ist noch immer sehr teuer und um sich auf das Studium konzentrieren zu können, brauchen Studierende finanzielle Unterstützung. Das BAföG wurde eingerichtet, um auch Kindern aus finanziell schwächeren Familien ein Studium zu garantieren, doch viele müssen trotz BAföG arbeiten gehen und wer keinen Anspruch auf BAföG hat, muss allemal arbeiten gehen oder eben reiche Eltern haben.
Und noch immer ist die Möglichkeit, BAföG zu erhalten an die Nationalität und das Alter geknüpft. Auch wenn sich der Kreis der potenziellen Empfänger durch die Reform minimal erhöht hat, halten wir diese Bedingungen grundsätzlich für überholt und regressiv. Das Recht auf Bildung sollte nicht vom Alter abhängig sein, denn von der Möglichkeit zu lebenslangem Lernen profitieren wir alle.
Die Anhebung der Wohnkostenpauschale ist grundsätzlich zu begrüßen, leider ist der neue Betrag von 325€ noch immer weit von der Realität der Studierenden entfernt; in Hamburg liegen die durchschnittlichen Wohnkosten bei rund 450€. Somit müssen die meisten BaföG-Empfänger*innen in Hamburg trotzdem arbeiten gehen, um hier leben zu können. Die Anpassung der Wohnkostenpauschale schätzen wir daher nach wie vor als völlig verfehlt ein.
Doch die Kosten für ein Studium beginnen nicht erst pünktlich mit dem ersten Semester im Oktober, schon weit vorher fallen hohe Kosten an: Der Semesterbeitrag muss gezählt werden, der Umzug in die neue Stadt steht an, eine Kaution muss gestellt werden und ein Laptop wird benötigt (denn niemand, wirklich niemand, kommt ohne Computer oder Laptop durch das Studium!). Und doch kann man erst ab Semesterstart gefördert werden. Das stellt gerade für Studierende aus Familien, die auf Hartz-IV angewiesen sind, eine fast unüberwindbare Zugangshürde zum Studium dar. Geld ansparen darf man schließlich nicht, denn das würde sofort als Vermögen angerechnet und vom Hartz-IV-Regelsatz abgezogen werden.
Wir kritisieren ebenso, dass versäumt wurde, die Förderungshöchstdauer anzupassen, die noch immer an die Regelstudienzeit gekoppelt ist. Diese Koppelung ist höchst unsinnig, da die meisten Studienenden ihr Studium nicht in Regelstudienzeit abschließen können, da sie neben dem Studium arbeiten gehen müssen, eben weil das BAföG zu niedrig ist: Ein Teufelskreis, der durchbrochen werden muss! Noch immer gibt es nur wenige Ausnahmefälle, in denen Menschen länger Anspruch auf BAföG haben. Den meisten wird der Geldhahn nach sechs Semestern im Bachelor zugedreht und ohne Förderung ist man dann dazu gezwungen, das Studium möglichst schnell zu beenden – was ohne Geld natürlich nicht plötzlich leichter geht als zuvor!
Dass der Anspruch auf BaföG vom elterlichen Einkommen anhängig ist, kritisieren wir ebenfalls scharf. Zwar wurden die Freibeträge im Zuge der Reform auf zunächst 1835 Euro bis zu 2000 Euro im Jahr 2021 verändert, diese Grenze ist unserer Meinung nach aber deutlich zu niedrig, denn für berufstätige Eltern, die über dieser Grenze liegen, ist es häufig trotzdem unzumutbar, ihren Kindern das Studium zu finanzieren. Wir fordern daher ein elternunabhängiges BAföG!
Zusammenfassend kommen wir zu dem Schluss, dass die Anpassungen, die vorgenommen wurden, zwar den richtigen Weg einschlagen, jedoch viel zu kurz greifen und somit stark ausbaufähig sind. Denn nur eine grundlegende Reform, die tiefgreifende und nachhaltige Förderkonzepte anbietet, kann dazu führen, dass tatsächlich mehr Menschen der Zugang zur Universität offensteht. Bildung verstehen wir als ein Grundrecht, das gilt es zu verteidigen und auszubauen. Nur so können Hochschulen Orte der menschlichen Weiterentwicklung und der freien Wissenschaft werden.