Offener Brief: Geflüchteten drittstaatsangehörigen Studierenden aus der Ukraine eine Perspektive geben!Offener Brief an die Hamburger Wissenschafts- und Innenbehörde (Amt für Migration), an alle demokratischen Abgeordneten der Hamburgischen Bürgerschaft und den Hamburger Senat
6 July 2022

Photo: Photo by Dom Fou on Unsplash
Sicherer Aufenthalt und Möglichkeiten zur Fortsetzung des Studiums der geflüchteten Studierenden aus der Ukraine, die keine ukrainische Staatsangehörigkeit haben.
Wir sind die Hamburger Studierenden, organisiert über ASten. Mit diesem offenen Brief möchten wir die Fortsetzung des durch den russischen Angriffskrieg unterbrochenen Studiums für geflüchtete Studierende ermöglichen, die keine ukrainische Staatsangehörigkeit haben und in Hamburg gestrandet sind. Diese Gruppe Studierenden benötigt deutlich mehr Zeit, als Ihnen aktuell zugestanden wird.
Hintergrund: Die Hansestadt Hamburg hat im Mai für geflüchtete drittstaatsangehörigen Studierende aus der Ukraine eine Sonderregelung ermöglicht: Diese Studierenden erhalten in Hamburg eine sogenannte Fiktionsbescheinigung, zunächst für die Dauer von sechs Monaten. Diese Fiktionsbescheinigung soll den Studierenden Zeit geben, sich um einen Studienplatz in Hamburg zu bemühen.
Dass die Stadt Hamburg diese Maßnahme ergriffen hat, wird von uns Hamburger Studierenden ausdrücklich begrüßt.
In den letzten Monaten haben sich viele geflüchtete drittstaatsangehörige Studierende aus der Ukraine an die ASten der Uni Hamburg, HAW Hamburg und Hafencity Universität gewandt. Viele von ihnen haben sich entschieden, ihr Studium in Hamburg fortzusetzen, denn dies ist aus politischen, religiösen und finanziellen Gründen in ihrer Heimat nicht möglich. Es bestehen gute Aussichten auf eine Fortsetzung des Studiums in Hamburg. Die Studierenden sind hochmotiviert, die erforderlichen Voraussetzungen der deutschen Hochschulen nachzuweisen bzw. zu erreichen. Die internationalen Studierenden, welche wir aktuell betreuen, sind bereits in Sprachförderungsprogrammen der ASten der Hamburger Universitäten. Allerdings machen es die Zugangsvoraussetzungen und die begrenzte Bewerbungsfristen der Hochschulen schwer, dies in der in zur Verfügung stehenden Zeit zu ermöglichen.
Die Zugangsvoraussetzung für das Studium in Hamburg beinhaltet fachkundige Sprachkenntnisse in Deutsch, wahlweise Englisch. Dafür werden mindestens 2 Jahre benötigt. Zudem sind die Bewerbungsmöglichkeiten nur ein- bis zweimal im Jahr. Die Anerkennung der ausländischen Studienabschlüsse wird durch Hochschulen oder uni-assist e.V. nur begrenzt angeboten und braucht Wochen.
Problem: In der Praxis ist es für Studierende von außerhalb Deutschlands nahezu unmöglich, sich innerhalb von 6 Monaten an einer Hochschule zu immatrikulieren. Der bisher bemessene Zeitraum der Fiktionsbescheinigung für drittstaatsangehörige Studierende aus der Ukraine ist nicht ausreichend. Zur Erbringung der erforderlichen Voraussetzungen für einen Studienplatz wird mehr Zeit benötigt.
Zudem sollten Hamburger Hochschulen internationaler werden! Hamburg braucht mehr Weltoffenheit. Die Hochschulen Hamburgs sollten stärker die Diversität der Gesellschaft abbilden.
Forderungen: Wir fordern, dass die Hansestadt Hamburg folgendes umsetzt:
- die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis für drittstaatsangehörige Studierende aus der Ukraine für bis zu zwei Jahre, mit der sie ihr Studium in Hamburg antreten können.
- die Aufenthaltserlaubnis soll eine Erwerbstätigkeit erlauben, angelehnt an den rechtlichen Status der ukrainischen Staatsbürger:innen, damit sie ihren Lebensunterhalt während des Studiums selbst entrichten können.
- eine Aussetzung des Finanzierungsnachweises bei der Beantragung der Aufenthaltserlaubnis zum Studienzweck (bspw. das Erfordernis eines monatlichen Einkommens von 861€ bzw. 10.332 € für ein Jahr). Aufgrund der Ausnahmesituation ist die finanzielle Lage einiger geflüchteter Studierender nicht gut gestellt. Ein Beispiel dafür ist, dass der Transfer der ausländischen Währung aus der Ukraine nach Deutschland aktuell nicht gewährleistet werden kann.
- die Schaffung der Möglichkeit einen anderen Aufenthaltstitel zu beantragen. Aktuell wird darauf hingewiesen, dass nach Ablauf der Fiktionsbescheinigung der Aufenthaltstitel nach §16b AufenthG (Studienzweck) oder §24 AufenthG (vorübergehenden Schutz) beantragt werden soll. Dies muss um weitere Paragrafen z. B. §16 Abs.1 AufenthG (Studienvorbereitung), §17 AufenthG (Suche eines Studienplatzes) oder §16a AufenthG (Berufsausbildung) erweitert werden.
- ein Landesfinanzierungsprogramm der studienvorbereitenden Deutschkurse für Geflüchtete ab A1/A2 bis C1, die in Verantwortung der Hochschulen und/oder der VHS kostenlos angeboten werden. Der Bedarf an dafür notwendiges Personal soll mit diesen Finanzmitteln abgedeckt werden, um auf Mehrbedarfe eingehen zu können.
- die Prüfung einer Absenkung der Zugangsvoraussetzungen der Hochschulen, angelehnt an das Programm des PIASTA an der Universität Hamburg und Vorbereitungsstudium an der HAW Hamburg, welche die Einschreibung ab fortgeschrittenen Sprachniveau ermöglicht.
- die Anerkennung von digitalen Bildungsabschlüssen und Zertifikaten auf Englisch bei der Bewerbung an den Hochschulen.
Erstunterzeichner:innen:
AStA der HafenCity Universität (HCU)
AStA der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW Hamburg)
AStA der Hochschule für Musik und Theater (HfMT Hamburg)
AStA der Universität Hamburg (UHH)
Fridays For Future Hamburg
Junges Forum der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Hamburg
Jusos Hamburg
Medizin & Menschenrechte Hamburg - AG der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland (BVMD)
Students For Future Hamburg
Weitere Unterzeichner:innen (Stand: 15.07.2022)
Grüne Jugend Hamburg
Pressekontakt:
Sally Louisa Rikke Bohm,
Referentin für Öffentlichkeitsarbeit und Presse des AStAs der Universität Hamburg
sally.bohm@asta.uni-hamburg.de