Stellungnahme des AStA zu den Empfehlungen der Gleichstellungsbeauftragten
6. Juni 2019, von Inga Mannott

Foto: AStA/UHH
Die Gleichstellungsbeauftragte unserer Uni, Dr. Angelika Paschke-Kratzin, hat am 22. Mai 2019 eine Empfehlung zu geschlechtergerechter Sprache und Anrede herausgegeben.
Darin weist sie darauf hin, dass die bisherige sprachliche Praxis an der Universität, die auf einem Beschluss des Hamburger Senats von 1995 basiert, nicht mehr zeitgemäß ist, da in diesem lediglich gefordert wird, dass Frauen und Männer sprachlich gleichberechtigt behandelt werden, nicht aber Menschen, die sich diesen binären Kategorien nicht zuordnen: "Der Senatsbeschluss trägt den heutigen Anforderungen, dem derzeitigen Diskussionsstand und den gesellschaftlichen Entwicklungen bezogen auf die Anrede der Personen Dritter Option unzureichend Rechnung."
Vor dem Hintergrund des Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts im Oktober 2017 zur Dritten Option beim Geschlechtseintrag sieht Frau Paschke-Kratzin die Notwendigkeit, diese nun rechtlich anerkannten Geschlechter auch sprachlich zu inkludieren und spricht sich in ihrer Empfehlung daher zur "Nutzung geschlechterneutraler Bezeichnungen und des Gender-Sternchens" aus. Sie weist außerdem darauf hin, dass zahlreiche sprachwissenschaftliche und psychologische Studien zeigen, „dass Sprache die Art und Weise beeinflusst, wie wir die Welt wahrnehmen“. Es mache also bewiesenermaßen einen Unterschied, ob Personen aller Geschlechter und Identitäten konsequent sprachlich repräsentiert werden oder nicht. Das vielzitierte „Mitmeinen“ reicht demnach nicht aus!
Damit stößt Frau Paschke-Kratzin einen Veränderungsprozess an, der einer exzellenten Universität des 21. Jahrhunderts gerecht wird und der ohnehin längst überfällig ist; wir im AStA verwenden in unseren Veröffentlichungen schon lange das Gender-Sternchen, da uns nicht erst seit Oktober 2017 klar ist, dass das heteronormative Geschlechterbild unserer Gesellschaft völlig überholt ist und dringend aufgebrochen werden muss. Somit begrüßen wir die Initiative von Frau Paschke-Kratzin sehr und stellen uns klar hinter ihre Empfehlungen.
Doch leider scheinen das nicht alle an unserer Universität so zu sehen. Als direkte Reaktion auf das Empfehlungsschreiben haben sich scheinbar mehrere Mitglieder der Universität an unseren Präsidenten Dieter Lenzen gewandt und „Rückfragen nach dem Status dieser Empfehlung“ gestellt – also, ob sie die Vorschläge von Frau Paschke-Kratzin denn nun wirklich umsetzten müssen. Die Bereitschaft, Diversität in unserer Gesellschaft anzuerkennen und allen Menschen sprachlich in respektvoller Weise zu begegnen, ist also an unserer Universität weitaus weniger selbstverständlich, als man sich das als progressiver Mensch wünschen würde.
Doch noch bestürzender ist die Reaktion unseres Präsidenten: Anstatt sich hinter Frau Paschke-Kratzins Empfehlungen zu stellen, oder zumindest anzumerken, dass es sich hierbei ja lediglich um Empfehlungen handelt, die zwar wünschenswert, jedoch nicht verpflichtend sind, weist er in einem eigenen Rundschreiben darauf hin, „dass es staatlichen Stellen nicht gestattet ist, von gültigen Senatsbeschlüssen [...] aus freien Stücken abzuweichen. [...] Solange den Behörden keine darüber hinausgehenden bzw. davon abweichenden Senatsbeschlüsse vorliegen, ist weiterhin entsprechend zu verfahren. Eine individuelle Auslegung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom Oktober 2017 kann deshalb nicht stattfinden. Ich bitte deshalb darum, [...] bis auf Weiteres den bisherigen Regelungen zu folgen."
Herr Lenzen hat also offensichtlich Bedenken, dass eine progressive inklusive und respektvolle Sprachverwendung an der Universität ihm Ärger mit den Behörden einhandeln könnte. Dabei ist der Senatsbeschluss von 1995 eindeutig in dem Geiste gefasst worden, dass mehr sprachliche Gerechtigkeit gefordert wird. Die Anerkennung von mehr als nur zwei binären Geschlechtern stand damals zwar noch nicht im Raum, es ist aber in keiner Weise erkennbar, dass die sprachliche Inklusion möglichst aller Menschen in Sprache und Anrede im Gegensatz zum Senatsbeschluss stünde.
Doch um ja keine zu fortschrittliche Haltung einzunehmen, weist Herr Lenzen die Mitglieder der Universität lieber an, gedanklich im Jahr 1995 zu verweilen und auf eine klare Anweisung von oben zu warten, bevor sie Menschen aller Geschlechter und Identitäten gleichberechtigt behandeln.
Diese Stellungnahme wird unterstützt vom Teilautonomen Queerreferat.