Forderung des Studierendenparlamentes zum sofortigen Waffenstillstand
21. August 2024
Studierendenschaft der
Universität Hamburg
- Studierendenparlament -
Vorlage 2425/25neu
Wahlperiode 2024/2025 25. Juni 2024
Unterrichtung durch das Präsidium des Studierendenparlamentes
Das Studierendenparlament hat in seiner Sitzung am 20. Juni 2024 auf Grundlage eines
Sachachantrages auf Vorlage 2424/25 in Verbindung mit einem Änderungsantrag auf
Tischvorlage (vgl. Protokoll auf Vorlage 2425/28) folgendes beschlossen:
Universität und Studierendenschaft für sofortigen Waffenstillstand und eine politische Konfliktlösung
„Da Kriege im Geist der Menschen entstehen, muss auch der Frieden im Geist der Menschen
verankert werden. […]
Die weite Verbreitung von Kultur und die Erziehung zu Gerechtigkeit, Freiheit und Frieden sind für die Würde des Menschen unerlässlich und für alle Völker eine höchste Verpflichtung, die im Geiste gegenseitiger Hilfsbereitschaft und Anteilnahme erfüllt werden muss.
Ein ausschließlich auf politischen und wirtschaftlichen Abmachungen von Regierungen beruhender Friede kann die einmütige, dauernde und aufrichtige Zustimmung der Völker der Welt nicht finden. Friede muss - wenn er nicht scheitern soll - in der geistigen und moralischen Solidarität der Menschheit verankert werden.“ Aus der Präambel der Verfassung der Organisation für Bildung, Wissenschaft und Kultur der
Vereinten Nationen (UNESCO), 1945.
Wir fordern einen sofortigen Waffenstillstand und insbesondere ein Ende der Angriffe auf zivile Ziele. Die mutwillige Zerstörung von Schulen und Universitäten, Museen, Kulturstätten, Krankenhäusern und Flüchtlingsunterkünften ist international geächtet. Die gezielten Angriffe der IDF auf die Bildungsinfrastruktur sind Grund für die Befürchtung eines „Scholasticides“ an der
palästinensischen Gesellschaft. Unter den Bomben ist das Hochschulsystem in Gaza gegenwärtig
kollabiert. Der palästinensischen sowie der israelischen Zivilbevölkerung, den Akademiker:innen, den Kulturschaffenden und Intellektuellen, die sich trotz allem weiter für einen Frieden einsetzen, gilt unsere besondere Solidarität.
Allein in Gaza gab es bis vor kurzem 17 Hochschulen mit über 85.000 Studierenden auf etwas über 2 Millionen Einwohner. Die Rate an tertiären Bildungsabschlüssen entsprach derjenigen in Deutschland. Das Bildungssystem ist unter widrigsten Bedingungen so auf- und ausgebaut worden, dass nur 2,6 % der Bevölkerung nicht alphabetisiert sind, weit weniger als im weltweiten Durchschnitt. Die Entwicklung des Bildungssystems sowie die auf Bildung, Wissenschaft und Künsten gründende Entfaltung gebildeter Persönlichkeiten unter zivilen Bedingungen, in akademischer Freiheit und mit den erforderlichen materiellen Grundlagen sind wesentliche Bedingungen für die Entwicklung palästinensischer Staatlichkeit und einer politischen Konfliktlösung für einen gerechten Frieden mit Israel.
Wir fordern die Mitglieder der Universität, alle Gremien und ihre Leitung auf, sich der Forderung nach einem sofortigen Waffenstillstand anzuschließen.
Solidarität sollte darüber hinaus geübt werden durch den systematischen Aufbau von
Stipendienprogrammen für Studierende, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf
universitärer Ebene und auf Ebene der Wissenschaftsstiftungen und des DAAD.
Wir fordern den Auf- und Ausbau akademischer Kooperationen zu zivilen wissenschaftlichen Zwecken auf gleicher Augenhöhe mit Bildungs- und Kulturinstitutionen in Palästina. Anzustreben sind, zur Förderung von Verständigung und Frieden auch trilaterale Wissenschaftskooperationen mit israelischen Hochschulen. Die bestehenden Partnerschaften und Zusammenarbeit der Universität Hamburg und ihrer Mitglieder mit anderen Wissenschaftsinstitutionen soll ausschließlich zivilen Zielen und der Förderung von Humanität und der Unteilbarkeit des Menschenrechts dienen.
Wir fordern, Wege zu finden, die palästinensischen Studierenden und Lehrenden in der Wiederaufnahme von Online-Angeboten, im Wiederaufbau ihrer Hochschulen und Bildungsgänge zu unterstützen.
Wir fordern, Wege zu finden, mit den wissenschaftlichen Mitteln der Universität und des
Universitätsklinikums die medizinisch-humanitäre und besonders die mentale Gesundheit der
Kolleginnen und Kollegen sowie der Kommilitoninnen und Kommilitonen in Gaza zu verbessern.
Wir fordern alle dazu auf, sich wissenschaftlich an der Aufklärung der Verbrechen in diesem Krieg,
ihrer völkerrechtlichen Ahndung und vor allem der Forschung an Konfliktursachen und
Friedensursachen sowie an der Friedensbildung zu beteiligen.Dafür ist im wissenschaftlichen Diskurs die vollständig realisierte Wissenschaftsfreiheit, eingebettet in die Grund- und Menschenrechte, mit Leben zu füllen. Das Festhalten an nicht einmal durch wissenschaftlichen Diskurs weiterzuentwickelnden Definitionen widerspricht den Lebensbedingungen akademischer Freiheit und Erkenntnisgewinns, die wir für jede Universität und Wissenschaft für elementar halten.
Wir, die Studierendenschaft, sehen in dieser Verantwortungsübernahme einen notwendigen
Beitrag der gesamten Universität eine friedliche und menschenwürdige Welt hervorzubringen.