AfD Hamburg solidarisiert sich mit Bernd Lucke - Eine Stellungnahme
14 October 2019

Photo: I. Mannott AStA/UHH
Anlässlich der Rückkehr des AfD-Mitgründers Bernd Luckes an den Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre der Uni Hamburg rufen wir, der Allgemeine Studierendenausschuss, zu einer Protestkundgebung am Tag seiner Wiederantrittsvorlesung (16.10.2019, ab 10 Uhr) vor dem Uni-Hauptgebäude (ESA1) auf.
Unterstützung erfährt der 57-jährige aber nun ausgerechnet von seinen alten Weggefährten: dem Landesverband der AfD-Hamburg.
Am 10. Oktober erreichte uns ein zweiseitiges Schreiben der AfD-Bürgerschaftsfraktion (zur PDF), in dem die geplanten Proteste gegen Bernd Lucke delegitimiert werden sollen. Wir möchten nun einige der angeführten Punkte aufgreifen und Stellung beziehen:
Unser Mandat
Als erster Punkt in der AfD-Stellungnahme wird uns vorgeworfen, kein allgemeinpolitisches, sondern lediglich ein hochschulpolitisches Mandat zu besitzen. Hiermit soll unserem Protest die rechtliche Grundlage versagt werden. Unabhängig davon, dass eine Verfasste Studierendenschaft auch immer von allgemeinpolitischen Entscheidungen betroffen ist, wird dieses Argument immer dann angeführt, wenn unerwünschte Äußerungen von unabhängigen Studierendenschaften verhindert werden sollen.
Bezogen auf die persona Bernd Lucke ist dieses Argument allerdings völlig aus der Luft gegriffen, da es sich hier schlichtweg um einen Professor handelt. Dass hier eindeutig ein hochschulpolitisches Mandat wirksam ist, erscheint uns unumstritten.
Vorwurf einer „Mitverantwortung für die gewalttätigen Ausschreitungen während des G20-Gipfels“
Des Weiteren wird uns von der AfD-Bürgerschaftsfraktion vorgeworfen, „seit Jahren […] nachweislich enge Verbindungen zu Organisationen und Akteuren der linksextremistischen und oftmals auch gewaltorientierten Szene“ zu pflegen. Außerdem inszeniert sich die AfD hier als investigative Kraft, denn dieser angeblich „hochproblematische Sachverhalt“ konnte nur „durch die parlamentarischen Anfragen der AfD aufgedeckt werden“. Eine ausführliche Stellungnahme zu den parlamentarischen Anfragen der AfD mit Hochschulbezug haben wir bereits am 22. März dieses Jahres veröffentlicht.
Für große Verwunderung unsererseits sorgte jedoch die Aussage:
„Über Ihre Mitverantwortung für die gewalttätigen Ausschreitungen während des G20-Gipfels wissen Sie wohl am besten selbst Bescheid!“
Wäre die Recherchearbeit der AfD so gut wie sie selbst behauptet, dann hätte man gewusst, dass der gegenwärtige AStA zum Zeitpunkt des G20-Gipfels noch gar nicht im Amt war.
Unsere Haltung in Hinblick auf wirtschaftspolitische und wirtschaftswissenschaftliche Anliegen
In einer Sache muss man der AfD tatsächlich mal recht geben: Ja, wir sind ein kapitalismuskritischer AStA. Ja, wir fordern Umverteilung und Verstaatlichungen ein. Und ja, wir fordern auch ein Umdenken in den Lehrstühlen der Wirtschaftswissenschaften ein – und das ist, in Anlehnung an unser hochschulpolitisches Mandat, auch unser gutes Recht!
In Anbetracht der verheerenden Folgen des menschengemachten Klimawandels bedarf es sozialerer und nachhaltigerer Wirtschaftskonzepte als die der Neoklassik. Die Universitäten sind Orte, an denen es Raum für die Entwicklung solcher Konzepte geben muss – diesen Raum fordern wir ein.
Zum Abschluss noch ein paar Worte in eigener Sache:
Wir sind uns darüber im Klaren, dass Bernd Lucke nicht mit einem Björn Höcke gleichzusetzen ist. In unserer Pressemitteilung vom 29.07.2019 schrieben wir ebenso, dass wir ihm auch Glauben schenken möchten, wenn er sagt, dass er selbst kein Rassist sei. Letztlich stellt er aber eine unausweichliche historische Figur in der noch sehr jungen Parteigeschichte der AfD dar. Es lag insbesondere an ihm, dass die Partei lange Zeit lediglich als „eurokritisch“ oder „akademisch geprägt“ wahrgenommen – und somit unterschätzt wurde. Rassistische und nationalistische Ressentiments konnten unter diesem Deckmantel nahezu unbemerkt bis weit in die Mitte unserer Gesellschaft getragen werden. Das kritisieren wir und diese Kritik muss sich Herr Lucke gefallen lassen, auch wenn er Kraft des Hamburgischen Hochschulgesetzes das Recht auf eine Wiederaufnahme seiner Professur hat.
Seine Rückkehr sorgt nicht nur in der Studierendenschaft, sondern auch über die Grenzen des Campus hinweg für Unmut. Die vom AStA angemeldete Kundgebung am Tag seiner Wiederantrittsvorlesung soll eine Einladung an alle sein, diesen Unmut zum Ausdruck zu bringen.