Editorial & Artikelübersicht // NC-UHH # 2
18 February 2022

Photo: by Sonny Mauricio
Liebe Leser:innen,
dies ist die zweite Ausgabe des kritischen Studierendenmagazins „New Critique — Zeitschrift für und wider“. Für eine konsequente Kritik des Bestehenden, wider den reaktionären Schwachsinn.
Nachdem in der ersten Ausgabe die Rolle der Universität im Kapitalismus beleuchtet wurde, befasst sich diese nun schwerpunktmäßig mit dem Verhältnis von Psyche und Gesellschaft.
Laut einer Erhebung des Studierendenwerks von 2016 leidet ein Viertel der Hamburger Studierenden unter Gesundheitsbeeinträchtigungen. An diesen haben psychische Erkrankungen mit 55% Prozent den mit Abstand höchsten Anteil. Nimmt man die gleiche Entwicklung wie in anderen Städten Deutschlands an, hat sich dieser Trend in den Folgejahren und insbesondere durch die Folgen der anhaltenden Pandemie noch verschärft. Allerdings bräuchte es wohl kaum diese Zeitschrift, um das festzustellen. Die hier versammelten Texte eint bei allen sonstigen Differenzen und unterschiedlichen Perspektiven jedoch eine radikale Kritik der kapitalistischen Verhältnisse, die psychische Leiden stetig wieder hervorbringen. Und da diese noch immer marginal ist, scheint dieses Magazin dann doch bitter nötig.
Die ersten fünf Artikel fallen demnach in den Schwerpunkt: „Feuer und Flamme der Depression! Psyche – Gesellschaft – Aufstand“.
Den Anfang macht der Text "Lieb's oder lass' es" von Carl Cool und Marius Lovehard. Ausgehend von Bertolt Brechts Theaterstück "Die Maßnahme" beschäftigt sich der Text mit dem vermeintlichen Widerspruch zwischen Gefühl und Vernunft und wie eine revolutionäre Bewegung sich auf ihn beziehen sollte.
Der zweite Artikel, "Depression und Kapitalismus“, setzt sich kritisch mit den Thesen des britischen Kulturwissenschaftlers Mark Fisher auseinander und untersucht, wie das kapitalistische Lohnarbeitsverhältnis mit Depressionen zusammenhängt. Das Entwickelte lässt sich großteils auch auf die Art und Weise übertragen, wie Studierende ihre Vorbereitung auf die kapitalistische Konkurrenz psychisch verarbeiten.
Der darauffolgende Text verhandelt psychisches Leiden und gewaltvolle Zurichtung durch „Geschlechterrollen und Grooming" anhand persönlicher Erfahrungen und ordnet die Thematik politisch ein.
In dem Artikel "Suicide of the author" diskutiert Joe Heck den Suizid Klaus Manns im Jahr 1949, den dieser als Akt des Widerstands verstanden wissen wollte. Er zieht darüber hinaus allgemeine Schlüsse über eine sozialistische Perspektive auf das Thema „Suizid“.
Zum Abschluss des Schwerpunkts wird die Poliklinik Veddel, welche den großen Themenkomplex Gesundheit nachbarschaftlich und solidarisch bearbeitet, anhand eines Interviews vorgestellt. Im Gespräch mit der psychologischen Beratung des Projekts werden unter anderem die Effekte Armut und Diskriminierung auf die psychische Gesundheit erörtert.
Außerhalb des Titelthemas behandelt J. C. Raupe die sogenannten Hamburger Sülzeunruhen von 1919. Basierend auf Joshua Clovers „Riot. Strike. Riot.“ wird dabei eine materialistische Analyse vorgenommen, um den vergessenen Arbeiter:innenaufstand wieder in Erinnerung zu rufen.
Anschließend legt Friederike Engelhardt dar, wieso der Zweck einer richtigen Kritik des Rassismus durch das Argument der Betroffenheit und das Hochhalten gesellschaftlicher Ideale nicht nur verfehlt wird, sondern eine Abfindung mit den Verhältnissen darstellt, welche diesen hervorbringen.
In dem Artikel „Covid-19 in der Volksrepublik China“ beschreibt Jonas Jahnke wie die Corona-Pandemie in China ihren Ausgang nahm. Er betrachtet den Verlauf und die Maßnahmen gegen die sich entwickelnde Pandemie auf politischer und epidemiologischer Ebene. Hierbei werden Aspekte des gesellschaftlichen Systems der Volksrepublik dargestellt, auf ihre Tauglichkeit zur Pandemiebekämpfung geprüft und politisch kritisch beurteilt.
Der folgende Text "Die Universität dem Kapital entreißen" ist eine Replik auf Armin Mandelzweigs Artikel „Die Universität des Kapitals“ aus der ersten Ausgabe. Die Marxistischen Studierenden Hamburg stellen sich hier gegen die Auffassung, dass der Universität als Institution im Kapitalismus kein revolutionäres Potenzial zukomme.
Abschließend behandeln Tosca und Anton in ihrer zweiten Kolumne das Phänomen virtueller Influencer:innen am Beispiel der beliebten Instagram und TikTok Figur Lil Miquela und deren Produktionsfirma Brud.
Der Rückblick auf den Entstehungsprozess der „New Critique“ sowie unsere erste Ausgabe, die im Frühjahr 2021 erschien, stimmt uns zufrieden. Nebst erfolgreicher Distribution zahlreicher Printausgaben und dem Aufbau einer digitalen Reichweite, konnten wir in verschiedenen Veranstaltungen in- und außerhalb der Universität Hamburg unserem Anspruch, Kapitalismus- und Ideologiekritik zu leisten, nachkommen. Wenn auch Du Printausgaben bestellen oder uns für eine Veranstaltung zu unseren Inhalten einladen möchtest, dann schreibe uns gerne eine Mail an: new.critique@asta.uni-hamburg.de
Zuletzt noch ein Hinweis in eigener Sache: Die Redaktion versteht sich als heterogene Gruppe, deren politische Standpunkte bezüglich ihrer Gesellschaftskritik variieren. Auch stammen einige Artikel dieser Ausgabe von externen Autor:innen mit denen es sich ähnlich verhält. Kein Artikel stellt demnach die Meinung der gesamten Redaktion dar. Einige Autor:innen sind Mitglieder des AStA der Uni Hamburg, andere nicht. Die Inhalte dieser Zeitschrift repräsentieren im Zweifelsfall nicht die Position des AStAs der Uni Hamburg.
Viel Spaß beim Lesen wünscht Dir
die Redaktion der New Critique - Zeitschrift für und wider
PS: Wenn ihr Fragen, Kritik oder Anregungen an uns richten wollt, dann schreibt uns doch gern eine Mail oder kontaktiert uns über Social Media! Wir laden dazu ein, mit uns und über unsere Artikel zu diskutieren oder streiten und drucken auch Leserbriefe und Repliken ab.
New Critique #2 - "Feuer und Flamme der Depression! Psyche - Gesellschaft - Aufstand"
New Critique #2: Psyche - Gesellschaft - Aufstand (pdf)
Alle Artikel im Volltext:
0. Editorial
1. Zum Zusammenhang von Emotion und Revolution
2. Depression und Kapitalismus. Über Mark Fisher
3. Zur Gewalt von Geschlechterrollen und Grooming
4. Eine sozialistische Perspektive auf das Thema „Suizid“
5. Interview mit der psychologischen Beratung der Poliklinik Veddel (Poliklinik Veddel)
Info: Psychologische Beratung des AStA
6. Die Dynamik des Aufstands. Zur Hungerrevolte in Hamburg 1919
7. Betroffenheit und gesellschaftliche Ideale im Antirassismus
8. Covid-19 in der Volksrepublik China
9. Replik: Die Universität dem Kapital entreißen
10. Kolumne: Arbeit & Kultur