Islamistische Machtdemonstrationen gegen Linke an der Uni Hamburg // NC-UHH #3
13. Mai 2023, von EK
Im November 2022 haben Islamisten versucht, Linke einzuschüchtern, die am Campus Kritik an den islamischen Dachverbänden in Deutschland übten. Die Ereignisse werden hier dokumentiert.
Die linke Liste „Unicorns“ hatte für den AStA in Kooperation mit dem Jungen Forum der Deutsch-Israelischen Gesellschaft den Blogger „Schmalle und die Welt“ (schmalleunddiewelt.wordpress.com) für den 18.11. zum Vortrag eingeladen. Veranstaltungsort war das linke, studentisch selbstverwaltete Café Knallhart am Campus.
Vortrag von Schmalle und die Welt
Schmalle sieht sich selbst als linken Antifaschisten, der zu reaktionären Islamverständnissen recherchiert und sie kritisiert. Er präsentiert in seinem Vortrag „Die islamischen Dachverbände und ihr Verhältnis zur Demokratie“ eindeutig bewiesene Fakten, wie etwa die Spionageaffäre der DITIB. Er zeichnet auch die Entstehungsgeschichte der Millî Görüş-Bewegung nach. Außerdem untersucht er Akteure, die etwa der faschistischen Bewegung der Grauen Wölfe angehören. Seine Arbeit ist präzise und wertvoll für linke Gruppen, die sich antifaschistisch engagieren und einen fachlichen Einblick in die Strukturen der großen Islamverbände benötigen. Als Humanist ist Schmalles politisches Ziel eine Gesellschaft jenseits von völkischem, antisemitischen und religiös-identitären Wahn.
Von der deutschnationalen „Islamkritik“ etwa der AfD grenzt er sich immer wieder deutlich ab und zeigt stattdessen Gemeinsamkeiten zwischen den bis ins Faschistische reichenden Ideologien von Rechten und Islamisten auf. Hetze gegen Muslime als solche oder fragwürdige rechte Parolen liegen Schmalle fern, wovon sich jeder auf seinem Blog und bei seinen Vorträgen selbst überzeugen kann.
Drohung der Schura
Und dennoch drohte Özlem Nas, die „Antirassismusbeauftragte“ und Stellvertretende Vorsitzende der Schura, dem Rat der Islamischen Gemeinschaften in Hamburg e.V., eine Woche vor der Veranstaltung per E-Mail an die Unileitung, „etwas dagegen unternehmen zu müssen“. Es handele sich um einen „islamfeindlichen Angriff“. Die Drohung war selbstverständlich dazu gedacht, die Veranstalter einzuschüchtern und dazu zu bewegen, den Vortrag abzusagen. Außerdem ging die Drohung nicht von einer harmlosen, friedlich zivilgesellschaftlichen Organisation aus – denn in der Schura war bis vor kurzem noch das Islamische Zentrum Hamburg langjähriges Mitglied. Dieses wiederum ist ein brandgefährlicher Außenposten des iranischen Mullah-Regimes, das Friendly Face of Terror in Hamburg (siehe den Text zum IZH in dieser Ausgabe).
Eine solche Drohung war also durchaus dazu geeignet, die Veranstalter das Schlimmste befürchten zu lassen und zwang sie kurzfristig dazu, mit hohem Aufwand ein Sicherheitskonzept zu erstellen, durch das der Schutz von Referent und Publikum im Gefahrenfall gewährleistet werden kann. Unter diesen Bedingungen konnte der Vortrag stattfinden. Die freie Rede, auf die Linke angewiesen sind, damit ihre Anliegen nicht völlig untergehen, ist bedeutend eingeschränkt, wenn eine derartige Drohung vorliegt. Es ist daher fatal, dass Frau Nas z.B. von der Evangelischen Studierendengemeinde Hamburg weiterhin zum freundlichen Austausch über Antirassismus eingeladen wird, obwohl sie autoritär gegen studentisches Engagement vorgeht. Das zeigt, dass solche gefährlichen Akteure in Hamburg immer noch nicht diskreditiert sind, sondern sich viel zu selbstbewusst fühlen.
Auftritt der Hizb ut-Tahrir
Hinzu kam wenige Stunden vor Vortragsbeginn eine weitere islamistische Drohung. Die „Generation Islam“, die der verbotenen islamistischen Gruppe Hizb ut-Tahrir zuzurechnen ist, teilte die Einladung zum Vortrag inklusive Ort und Zeit auf Twitter mit dem Kommentar: „Muslime sollten die Gefahr von links NIE unterschätzen. […] Linke wollen unsere islamische Überzeugung auslöschen.“ Die Hizb ut-Tahrir fordert das Kalifat und ist stark homophob und queerfeindlich.
Zum Vortrag erschienen dann auch einige junge Männer, die sich an die Tür stellten und laut mindestens drei Augenzeugen den Gruß der neofaschistischen türkischen Grauen Wölfe zeigten. Sie schossen mehrfach Fotos, obwohl dies deutlich untersagt worden war. In der Diskussion äußerten sie in Redebeiträgen unter anderem, dass es nicht islamistisch sei, einen Gottesstaat zu fordern. Sich als Muslim von Islamisten distanzieren zu müssen, sei rassistisch. Hier widersprach eine Frau aus dem Publikum, die sagte, sie habe als Muslimin kein Problem damit, sich von Fundamentalisten abzugrenzen. Auch die radikalen Redebeiträge stellen einen Versuch der Einschüchterung des Publikums und der Veranstalter dar. Es ist aufgrund ihrer eigentümlich identitären Argumentation zu vermuten, dass die Männer Mitglieder der islamistischen Gruppe Hizb ut-Tahrir waren. Sie gaben sich auch betont intellektuell und bemängelten angeblich unzureichende Quellenarbeit Schmalles. Die Hizb ut-Tahrir vertritt eine besondere Ausformung des Islamismus, die größtenteils mit Theorie, Diskussion und Überzeugung arbeitet.
Insbesondere dieses bedrohliche Auftreten in Person bei einer linken Veranstaltung auf dem Campus ist als dreiste Form der islamistischen Machtdemonstration zu werten. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass diese Islamisten sogar an der Universität Hamburg studieren, da die Generation Islam einen Screenshot der Stinemail postete, die nur Studenten erhalten. Auch die Schura hatte Zugriff auf diese Stinemail, verfügt also möglicherweise auch über Sympathisanten an der Uni Hamburg.
Fazit
Insgesamt jedoch ist die Veranstaltung, von der Diskussionsrunde abgesehen, als sehr erfolgreich zu betrachten. Es lohnt sich Schmalles Vortrag zu hören und viele Zuhörer freuten sich, dass er stattfand. Insbesondere säkulare Muslime vom Verein Säkularer Islam, Juden, Alevitinnen, Kurden, Exiliranerinnen, LGBTQ-Menschen und Hamburger Politikerinnen, die für Menschenrechte statt falsch verstandener religiöser Toleranz einstehen, bedankten sich bei Schmalle und den Veranstaltern. Die Konfliktlinie „AStA versus ‚die‘ Muslime“, die später ein taz-Artikel in der Überschrift suggerierte, spiegelt in keiner Weise die Realität des Vortrags wider. Die tatsächlichen Fronten im Kampf gegen den Islamismus zu sehen, ist wichtig, damit die politische Linke nicht diejenigen verrät, die von einer üblen reaktionären Bewegung verfolgt werden.
Für die Linke wird es auch entscheidend sein, genau zu erkennen, wie Islamisten den Rassismusvorwurf benutzen, um jede linke Kritik abzuwehren und reaktionäre bis faschistische Politik zu verteidigen. Islamisten aller Couleur arbeiten gegen Feminismus, Säkularismus, linke Gesellschaftskritik, individuelle Freiheit und die freie Rede. Für zukünftige Veranstaltungen braucht es gut durchdachte antifaschistische Sicherheitskonzepte. Man muss vom Hausrecht Gebrauch machen, Störer entfernen und darf den Hetzern nicht die Diskussion überlassen. Der AStA äußerte: „Wir werden weiterhin die Auseinandersetzung zum Thema Islamismus suchen und setzen dabei auf die Unterstützung durch Student*innen und die Universität.“ Keinen Zentimeter Zugeständnisse an Islamisten an der Uni Hamburg!
Berichterstattung über den Vorfall AStA Uni Hamburg: Nach wiederholten islamistischen Drohungen sehen wir die Wissenschaftsfreiheit an der Universität Hamburg bedroht. Dies muss endlich ein Ende haben!, 5.12.2022, URL: asta-uhh.de/1-aktuelles/01-asta-news/2022-12-05-pressemitteilung.html Gernot Knödler: Asta warnt vor Islamisten, in: taz 8.12.2022, URL: taz.de/Muslime-ruegen-pauschale-Islamkritik/!5897086/ |